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Weltgrößtes Forschungslabor zur Wettervorhersage: UN-Vertreter startet COPS-Projekt im Schwarzwald [30.04.07]
Drei Monate Hightech vom Feinsten: vom 1. Juni bis 31. August 2007 verwandeln Wissenschaftler aus acht Nationen den Schwarzwaldraum bis in die Vogesen in ein gigantisches Open-Air-Forschungslabor
Pressefotos und digitale Pressemappe unter cops.uni-hohenheim.de/fotos.html
Geglückter Start: Getauft mit Champagner erhob sich heute der erste Wetterballon der weltweit größten Messkampagne zur Niederschlagsforschung in die Atmosphäre über dem Schwarzwald - begleitet von den Glückwünschen von Vertretern der UN, Wissenschaftlern aus acht Nationen und lokalen Gemeindevertretern. Drei Monate verwandeln die Forscher den Schwarzwald samt Umgebung in ein gigantisches Freiluftlabor. Ihr Ziel: Grundlagenwissen für eine neue Generation von Wetter- und Klimamodellen, die auch vor Ort verlässliche Prognosen liefern. Als Teil des Weltwetterforschungsprogramms der Vereinten Nationen bringt das Forschungsprojekt COPS fast alle rund 20 meteorologischen Institutionen Deutschlands und die führenden Forschungszentren für Meteorologie aus Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und den USA zusammen. Die Federführung liegt bei der Universität Hohenheim sowie beim Forschungszentrum und der Universität Karlsruhe.
"COPS ist das größte internationale Feldexperiment der Dekade - und unser Beitrag auf die Herausforderungen, vor die uns extreme Wetterereignisse stellen. Ich hebe mein Glas und wünsche Ihnen vor allem gutes Wetter - also richtig viel Regen", toastete Dr. Slobodan Nickovic von der World Meteorological Organisation als offizieller Vertreter der Vereinten Nationen zum Start des ersten Wetterballons auf dem Berggipfel der Hornisgrinde (Kreis Seebach im Schwarzwald).
Zumindest an diesem Wochenende sollen die Aussichten für die Regenforschung nicht schlecht sein - glaubt man dem aktuellen Wetterbericht. Doch der ist verbesserungsfähig, wie die Wissenschaftler auf der Auftakt-Pressekonferenz um 12:00 Uhr erläuterten.
Wetterbericht liegt derzeit noch um bis zu 100 Prozent daneben
Im Detail liege die Wettervorhersage heute noch um bis zu 100 Prozent daneben - vor allem über Landschaften mit einer komplexen Struktur wie die Hänge und Täler des Schwarzwaldes, so Professor Dr. Volker Wulfmeyer vom Institut für Physik und Meteorologie der Universität Hohenheim, wo auch das Projektbüro angesiedelt ist. "Im Westteil des Schwarzwalds fällt zum Beispiel nur halb so viel Regen wie vorhergesagt, im Ostteil ist es doppelt so viel. Das heißt, im großen Maßstab sind die Computermodelle richtig. Doch nun wollen wir es für jeden Landkreis genau wissen, wie das Wetter morgen und das Klima in den nächsten 30 Jahren sein wird - nur dann können wir Tourismus und Landwirtschaft auf den Klimawandel vorbereiten und uns rechtzeitig gegen Wetterextreme wie Hochwasser und Stürme wappnen."
Grund für die Ungenauigkeit sei, dass Niederschlag zu den komplexesten Vorgängen in der Erdatmosphäre gehört. "Wolkenbildung ist ein komplexes Wechselspiel, bei dem Landschaftsstruktur, Feuchtigkeits- und Temperaturverteilung, Windsysteme und Luftpartikel und vieles mehr interagieren. Viele von diesen Faktoren werden bei den bisherigen Messstationen nicht einmal gemessen, weshalb auch Computermodelle die Wirklichkeit zu stark vereinfachen", erklärte Prof. Dr. Christoph Kottmeier vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Forschungszentrums Karlsruhe und der Universität Karlsruhe. "Hier Grundlagenforschung zu betreiben ist besonders wichtig, denn es handelt sich um die prinzipiell gleichen Modellfehler, wie sie auch bei regionalen Klimamodellen vorliegen."
Hightech mit 10 fliegenden Forschungsplattformen
Um eine neue Generation von Computermodellen richtig zu trimmen, setzen die Wissenschaftler die jeweiligen Prototypen neuester Forschungsgeräte ihrer Länder ein. Dazu gehören Lasermessgeräte - die selbst bei klarem Himmel schon Feuchtigkeits- und Partikelverteilung dreidimensional erkennen, um die Regenbildung noch vor der Wolkenentstehung bereits im Keim zu erfassen - sowie Wolkenradar, Mikrowellen-Radiometer und Strahlungsmesser.
Insgesamt haben die Forscher den Schwarzwald samt Oberrheintal bis in die Vogesen mit einem Netz von über 100 Messstationen überzogen, darunter fünf so genannte Super-Sites mit besonders aufwändigem Gerät. Verstärkt wird das Netz durch mobile Messinstrumente auf Lastwagen. Ab Juli kreisen neun Forschungsflugzeuge und ein Zeppelin über dem Projektgebiet und selbst Europas Wettersatellit Meteosat wird für das COPS-Projekt eine Taktzahl zulegen und alle 10 Minuten neue Wetterfotos von Europa liefern.
Projekt Wetter-Scouts: Forscher suchen Wetterfotos aus der Bevölkerung
Außerdem setzen die Forscher auf die Mithilfe der Bevölkerung. "Bei unserem Projekt COPS Wetter-Scouts kann jeder, vom Schüler bis zur Rentnerin, den Forscher in sich entdecken und uns bei der Verbesserung der Wettervorhersage helfen", erklärt Dr. Andreas Behrendt, Leiter des Projektbüros an der Universität Hohenheim. Konkret wünschen sich die Forscher drei Monate lang Fotos von Hagelkörnern und Wolken über Baden-Württemberg. "Die Satellitenbilder zeigen uns nur die Wolkenoberseite. Genauso aufschlussreich wäre es für uns, die Wolken möglichst flächendeckend auch von unten zu sehen."
Eine tägliche Auswahl der Bilder präsentieren die Forscher auf der Info-Homepage zum Projekt http://cops.uni-hohenheim.de. Ganz wichtig: Alle Fotos unbedingt mit Datum, Uhrzeit, Standort (wenn möglich: Postleitzahl!) und Himmelsrichtung, in die fotografiert wurde, versehen. Und auch den Absender nicht vergessen: unter allen Einsendern verlosen die COPS-Wissenschaftler regelmäßig Kampagnen-T-Shirts und andere Preise. Fotos bitte digital an cops_scout@yahoo.de. Mehr Infos auch unter http://cops.uni-hohenheim.de